Journalist*innenbarometer: Medienmacher zwischen Anspruch und Sparkurs

Zum bereits 21. Mal befragte Marketagent Journalistinnen und Journalisten im DACH-Raum zum Redaktionsalltag und wie sie den Wandel in der Medienwelt erleben – dieses Jahr erstmals in Kooperation mit der Schweizer Beratungs- und Kommunikationsagentur Farner | Team Farner. Die Ergebnisse zeigen die Medienmacher gefangen zwischen hohen Standards und Einsparungsmaßnahmen. Zwischen Spardruck, Personalmangel und Publikumserwartungen kämpfen Redaktionen täglich um Glaubwürdigkeit und Qualität.

«Schweizer Journalistinnen und Journalisten reflektieren ihre gesellschaftliche Rolle mit grossem Bedacht», kommentiert Farner-Partner Toby Felder die vom Barometer 2025 erhobenen Antworten. «Die Ergebnisse bestätigen aber auch, dass es Journalist*innen durch den wirtschaftlichen Druck zunehmend schwerfällt, diese Rolle zu erfüllen.» 

Drei von vier Medienschaffenden gegen Sensationsjournalismus

Auf die gesellschaftsrelevante konkrete Frage, was die Schweizer Medien gegen die zunehmende Polarisierung tun könnten, nennen beispielsweise über 85 Prozent eine sachliche und faktenbasierte Berichterstattung sowie die Aufdeckung von Fake News. Drei von vier sprechen sich für eine Vermeidung von Sensationsjournalismus aus. Ihre Alltagsrealität beschreiben die Befragten aber im gesamten DACH-Raum anders: 77 Prozent aller befragten Journalist*innen beklagen, dass die Einsparungsmassnahmen ihnen nicht erlaubten, journalistische Standards einzuhalten. Und jede*r dritte Schweizer Journalist*in gibt zu, dass sich die Bedeutung der Seriosität in der Arbeitsweise eher verringert hat.

Medien beeinflussen gesellschaftliche Trends

Ihre Wirkungsmacht sieht die Mehrheit der Befragten als gross. Knapp 95 Prozent bezeichnen den Journalismus als Kraft, welche bewusst oder unbewusst gesellschaftliche Trends beeinflussen kann. Eine überwiegende Mehrheit (92 Prozent) ist zudem der Meinung, dass sie einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft leisten kann. Stellt man die kritische Frage, ob Journalist*innen in der Schweiz bewusst Trends beeinflussen sollen, bemühen sich die Befragten um Zurückhaltung: 65 Prozent sagen «eher nicht» oder «nein, auf keinen Fall». Etwas mehr als die Hälfte (58 Prozent) findet, Fakten müssen im Vordergrund stehen, persönliche Standpunkte dürfen aber situativ mitschwingen.

Print und Radio haben kaum noch Einfluss auf die öffentliche Meinung

Über 90 Prozent der Schweizer Journalist*innen geben an, dass die Print-Medien an Relevanz verloren haben. Rund 70 Prozent sehen einen Bedeutungsverlust beim Fernsehen und fast 60 Prozent beim Radio. Hingegen gewinnen nach Meinung der Journalist*innen Social Media (fast 85 Prozent), Online und digitale Plattformen (mehr als 75 Prozent) sowie Podcasts (fast 80 Prozent) an Gewicht. Der Bedeutungsverlust klassischer Medien schlägt sich auch auf die Prägung der öffentlichen Meinung nieder. 77 Prozent sehen die sozialen Medien heute an der Spitze der meinungsmachenden Medien und 70 Prozent die digitalen Plattformen. Das Fernsehen hat aus Sicht von knapp der Hälfte weiterhin prägenden Einfluss auf die öffentliche Meinung (48 Prozent), Printmedien dagegen nur noch aus Sicht von rund 40 Prozent. Deutlich abgeschlagen ist das Radio, nur 25 Prozent trauen ihm heute noch Deutungshoheit zu. Marketagent-Founder Thomas Schwabl fasst zusammen: «Was wir sehen, ist ein klarer Paradigmenwechsel: Was früher Leitmedium war, verliert an Strahlkraft. Social Media und digitale Newsformate haben sich zum mächtigsten Meinungsmacher entwickelt, während klassische Medien an Boden verloren haben. Das verändert nicht nur die Reichweite, sondern auch die Regeln des Journalismus.»

Für viele immer noch ein Traumberuf

Trotz aller Herausforderungen: Mehr als jede*r zweite Schweizer Befragte ist optimistisch, dass die Arbeitsplätze sehr oder eher sicher sind. Und wer noch im Beruf tätig ist, arbeitet aus Leidenschaft, stellt das Journalist*innen-Barometer fest. 63 Prozent bezeichnen ihren Job als Traumberuf.

Methodik

In Zusammenarbeit mit Farner | Team Farner hat das digitale Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent vom 3. bis 16. März 2025 über 500 Medienschaffende im DACH-Raum, darunter 168 Journalist*innen aus der Schweiz, mittels CAWI (Computer Assisted Web Interviews) befragt. Weitere demografische Informationen entnehmen Sie bitte dem vollständigen Bericht im Anhang.

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